Bitsey | Prolog


Durch das alte Fenster leuchtete der rote Mond, als ob er etwas suchte. Und tatsächlich – er fand es. Ein kleines vierjähriges Mädchen lugte unter einem lädierten Bett hervor. Ihre rechte Hand suchte die Bettdecke, um sie weiter in Richtung Boden zu ziehen, während ihre hellgrauen Augen die Tür fixierten. Sie wirkte angespannt, aber auf eine freudige Art.
  So verharrte sie acht Minuten – was für ein Kind ihres Alters ungewöhnlich ist – bis sie Schritte wahrnahm und sich mit einem verschmitzten Lächeln unter das Bett schob. Nur einen Augenblick später wurde die Tür geöffnet und eine zierliche Frau betrat den Raum.
  „Bitsey?“ Sie horchte, doch bekam keine Antwort. Bitsey kniff die Lippen zusammen. „Wo ist mein Mäuschen?“
  Nein, dieses Mal würde sie nicht darauf anspringen. Ihre Mama konnte noch ein wenig suchen.
  „Mäuschen, mach mal piep!“
  „Piiep.“
  „Ist mein Mäuschen unterm Bett?“
  „Piiep!“
  „Was wird denn hier gespielt?“ Ein Paar dunkler Schuhe erschien im Türrahmen. Sie gehörten nicht ihrem Vater. Maria, schön dich zu sehen.“ Mit ruhigen Schritten trat er an Bitseys Mutter heran. „Willst du mich deiner Tochter nicht vorstellen? Komm, Kleine.“
  „Nein, Elisabetha!“ Wenn Mama sie so nannte, war es ihr sehr ernst.
  „Aber, aber.“ Ein Schlag war zu hören. Das nächste was Bitsey sehen konnte, war ihre Mutter, die langsam an der Wand hinunter glitt.
  „Lass meine Mutter in Ruhe!!!“, brüllte ein Junge. Er stand im Türrahmen. Seine kleine Schwester konnte seine zitternden Beine sehen.
  „Du musst Michael sein.“
  „Das geht sie gar nichts an!“
  „Was willst du mit dem Messer da in der Hand?“
  „Geh weg von ihr!“
  „Gut, wie du meinst.“
Nun kamen die schwarzen Schuhe auf Bitsey zu. Das kleine Mädchen kroch weiter in Richtung Wand. Der Fremde hob die Decke an und lugte unter das Bett. Bitsey konnte sein Gesicht nicht erkennen, was ihr noch mehr Angst machte, als sie sowieso schon fühlte. Rasend schnell streckte er seine Hand nach ihr aus. Bitsey weinte auf und ihr Bruder wurde ihrer gewahr.
  „Weg von meiner Schwester! Bitsey, beiß ihn, wenn er dich anfasst!“
  „Hör nicht auf ihn. So was macht man doch nicht, oder Bitsey? Deine Mama fände das nicht gut. Und du bist doch ein liebes Mädchen?“
Seine Hand kam immer näher und berührte ihre Wange. Seine Finger strichen sanft darüber. Komm her zu mir.“
Bitsey duckte sich vor dem unheimlichen Mann weg.
  „Komm schon her!“
Nun wurde er grob. Bitsey biss in seine Finger und er schrie auf.
  „Biest!“zischte er wutentbrannt. Er packte sie und zog sie hervor. Michael stürzte sich auf den Mann, so dass dieser seine Schwester fallen lassen musste. Natürlich war der Mann stärker. Er drückte Michael zu Boden und legte seine Hände um den Hals des Jungen.
  „Komm schon, lass es raus.“
Michaels Sinne schwanden. Seine Schwester verstand nicht, was geschah, doch das der Mann böse war, wusste auch sie. Ihre Mama musste helfen.
Trampelnd lief sie auf ihre ohnmächtige Mutter zu und schüttelte sie: „Mama! MAMA!!“
Ganz benommen öffnete die Frau ihre Augen und stammelte etwas unverständliches. Ihr Blick fiel auf ihren ums Leben kämpfenden Sohn. Schwankend steuerte sie auf ihn zu und mobilisierte ihre ganze Kraft um Blindlinks auf den Mann einzuschlagen, trat ihn und zog ihn runter von Michael.
  „Lass meinen Sohn in Ruhe, du Scheusal!“
Und er tat es wirklich. Michael röchelte, sein Oberkörper bebte unregelmäßig, aber er lebte. Der Fremde stieß Maria um und drehte sie auf den Rücken, so dass sie links von ihrem Sohn lag. Dann packte er die Hand des Jungen, die noch das Messer hielt, und jagte die Klinge in das Herz der Frau.
  „Nun ist es auch mein Sohn.“

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